Eltern- und Schwangeren-Treff
Stellungnahme der Diakonie Pforzheim zur geplanten Erstaufnahmeeinrichtung im Brötzinger Tal und zur Wiedereröffnung der Flüchtlingsunterkunft auf dem ehemaligen THALES-Gelände
Die Diakonie Pforzheim hat in der Beratung und Begleitung von Flüchtlingen einen jahrzehntelangen
Erfahrungshintergrund. Wir betreuen sämtliche Gemeinschaftsunterkünfte in der vorläufigen
Unterbringung in Pforzheim, haben Mitarbeitende im Integrationsmanagement und einen großen
Sprachkursbereich. Mit dieser Stellungnahme wollen wir einen fachlichen Beitrag zur derzeitigen
Diskussion um eine mögliche Erstaufnahmeeinrichtung im Brötzinger Tal, sowie der großen
Gemeinschaftsunterkunft auf dem ehemaligen THALES-Gelände leisten.
Integration und Teilhabe von Anfang an
Lediglich der Blick darauf, welche Integrationsmaßnahmen für Pforzheim auf die Schnelle von
finanziellem Vorteil sein könnten, ist zu kurzsichtig. Flüchtlinge sind keine Kostenfaktoren, sondern
Menschen in Not, oft mit traumatischen Erlebnissen in Ihrer Geschichte. Zudem werden ca.60% der
Asylbewerber einen Schutzstatus erhalten; sie bleiben also hier. Deshalb stehen wir für Integration und
Teilhabe von Anfang an. Das hilft allen! In Pforzheim und anderswo. Viele integrationsfördernde
Bedingungen und Angebote sind schwierig oder gar unmöglich in Massenunterkünften umzusetzen
deshalb sind kleinere Unterkünfte immer den größeren vorzuziehen. Zudem ist nicht vorherzusehen, wie
lange die derzeitigen hohen Flüchtlingszahlen anhalten werden.
Falls jedoch in Pforzheim eine große Erstaufnahmeeinrichtung entstehen wird, muss diese das
Ankommen der Menschen in den Mittelpunkt stellen und sie bestmöglich auf das Asylverfahren und den
Aufenthalt in Deutschland vorbereiten. Da die erste Phase des Asylverfahrens für die schutzbedürftigen
Flüchtlinge von entscheidender Bedeutung ist, sind gute Aufnahmebedingungen und eine enge
sozialpädagogische und gesundheitliche Betreuung notwendig. Integraler Bestandteil jeder
Erstaufnahme ist daher auch eine unabhängige, qualifizierte, kultursensible und ausreichend
ausgestattete Verfahrens- und Sozialberatung. Die Suche nach und die Zusammenführung mit ihren
Angehörigen, sowie die Behandlung akuter Krankheiten, sowie psychologische Betreuung sind
anzubieten. Außerdem ist eine systematische Identifizierung von vulnerablen Personen und ihrer
Bedarfe wichtig.
Qualifizierte Unterstützung im Haupt- und Ehrenamt
Die Bewohner in Erstaufnahmeeinrichtungen finden sich in einer Situation des permanenten Ausharrens
wieder: Der Alltag ist geprägt von Langeweile und einem Gefühl, dass wichtige Lebenszeit verstreicht.
Hinzu kommt die Ungewissheit über die eigene Zukunftsperspektive. Deshalb ist die Begrenzung der
Zeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung auf wenige Wochen, Voraussetzung für gelingende Integration.
Der Zugang von ehrenamtlichen Initiativen und hauptamtlichen Beratenden muss gegeben sein. Wird
mit der Integration zu spät begonnen, werden Kosten erfolgen durch nachholende Maßnahmen. Die
Ausgaben können ein Vielfaches der Mittel betragen, die nicht schon bei Ankunft investiert wurden.
Große Unterkünfte bergen große Gefahren
Die Corona-Pandemie hat eine besondere Gefährdung durch die Massenunterkünfte offenbar gemacht:
Wer mit vielen anderen Menschen in Mehrbettzimmern lebt und Küchen, Waschräume und Toiletten teilt,
kann die einfachsten Hygieneregeln nicht einhalten, keinen Abstand wahren und ist so einem massiv
erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Das gilt für eine Erstaufnahmeeinrichtung, ebenso für die nun
geplante vorläufige Unterbringung auf dem ehemaligen THALES-Gelände.
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Große Massenunterkünfte sind zudem strukturell gewaltfördernd. Die Menschen werden oft in Mehrbett-
Zimmern untergebracht ungeachtet dessen, ob sie sich kennen oder nicht. Rückzugsorte und Raum
für Privatsphäre sind kaum oder nicht gegeben. Das erzwungene Zusammenleben von einander
fremden Menschen in räumlicher Enge fördert zwischenmenschliche Konflikte. Mangelnde Privat- und
Intimsphäre, etwa gemeinsam genutzte Sanitäranlagen oder nicht abschließbare Duschen sind nicht nur
unangenehm. Insbesondere Frauen sehen sich immer wieder Belästigungen und Übergriffen von
männlichen Bewohnern oder Personal ausgesetzt oder fühlen sich prinzipiell davon bedroht.
Solange es große Unterkünfte gibt, muss ein gewisser Schutz vor Gewalt durch die verbindliche
Umsetzung von Gewaltschutzkonzepten gewährleistet werden.
Neben Spannungen unter den Bewohnern, kommt es auch zu Konflikten mit Leitungs- und
Wachpersonal. Auch diese Probleme kennen wir in Pforzheim. Viele Bewohner vor allem junge Männer
werden nach Möglichkeiten suchen, der Unwirtlichkeit zu entfliehen und sich an öffentlichen Plätzen
aufhalten.
Fremdenfeindlichkeit könnte gefördert werden
Die Massenunterkünfte werden oft als Fremdkörper in oder neben der Kommune
wahrgenommen. Es steht zu erwarten, dass sie Zielscheibe gewaltsamer Mobilisierung werden. Große
Massenunterkünfte haben noch eine weitere Folge für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die
seltener diskutiert wird: Indem Schutzsuchende in großen Lagern zusammengefasst werden, werden
sie in der öffentlichen Wahrnehmung ihrer Individualität beraubt. Sie erscheinen nicht als die
Flüchtlingsfamilie aus dem Nachbarhaus , sondern als anonyme, gesichtslose Gruppe. Diese
Entpersonalisierung wiederum ist die Grundlage für das Entstehen gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit. Die räumliche Trennung und der somit fehlende Kontakt werden negative
Zuschreibungen geradezu heraufbeschwören und die Unterscheidung zwischen uns und denen
zementieren. Kontakt mit Geflüchteten reduziert die Vorurteile gegenüber der gesamten Gruppe der
Geflüchteten. Da durch die Massenunterkünfte weniger Kontakt zwischen Asylsuchenden und
Aufnahmegesellschaft möglich sein wird, ist dies der beste Nährboden für Vorurteile.
FAZIT
Massenunterkünfte sind mit großer Skepsis zu Betrachten. Sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit
das nähere Umfeld belasten und die Stadt- oder Gemeindestruktur verändern. Die Einstellung der
lokalen Wohnbevölkerung gegenüber Migranten und geflüchteten Menschen wird wahrscheinlich
negativ beeinflusst werden. Es ist zu erwarten, dass eine Lagerunterbringung Integrationsprozesse
verlangsamt und das Ankommen in der deutschen Gesellschaft gegebenenfalls langfristig deutlich
erschwert. Mittelfristig werden die Kommunen paradoxerweise nicht entlastet, sondern noch stärker
belastet werden. Die Massenunterkünfte werden Probleme verschärfen, die durch nachholende
Integrationsangebote behoben werden müssen. Gelingt dies nicht, sehen wir einer sozialen Spaltung
mit enormer Sprengkraft entgegen.
In den letzten Jahren wurden viele positive Erfahrungen mit der dezentralen Unterbringung von
Geflüchteten gesammelt, die ein höheres Maß an Selbstbestimmtheit und menschenwürdigen Wohnen
sowie sozialer, politischer und kultureller Partizipation ermöglichten. Auf diesen positiven Erfahrungen
sollte aufgebaut und Integrationsmöglichkeiten von Anfang an gewährleistet werden. Nur so kann es
gelingen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt dauerhaft zu sichern.
19.01.2023
Thomas Lutz und Sabine Jost

Aktionen und Hilfe im #wärmewinter von der Diakonie Pforzheim und Evangelischen Kirche Pforzheim
Gasverbrauch senken, Energie sparen, Kosten senken - wenn die Temperaturen fallen, wird es für viele ein Winter werden, der kälter wird, als in den vergangenen Jahren. Konkrete Hilfen und soziale Wärme wird bei der Aktion #wärmewinter der Diakonie und Evangelischen Kirche kombiniert:
Energienothilfefond, Beratung zu den Möglichkeiten staatlicher finanzieller Unterstützung und Veranstaltungen, bei denen es Gemeinschaft mit anderen, eine warme Tasse Tee trinken, Suppe und Spiele, Adventsandachten oder anders gibt, was den Winter etwas wärmer macht.
Außerdem planen die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Gemeinden Pforzheim und der Rat der Religionen Pforzheim eine Aktion zur Unterstützung der Pforzheimer Tafel im Advent - die Informationen hierzu werden im Lauf der nächsten Woche noch ergänzt.
Mehr Informationen zu Veranstaltungen, Energiehilfefonds und unserem Beratungsangebot bei Nachforderungen und erhöhter Abschlagszahlung für Heizung und Energiekosten erhalten Sie hier:
#wärmewinter in Pforzheim
#wärmewinter in Deutschland
Energienothilfefond, Beratung zu den Möglichkeiten staatlicher finanzieller Unterstützung und Veranstaltungen, bei denen es Gemeinschaft mit anderen, eine warme Tasse Tee trinken, Suppe und Spiele, Adventsandachten oder anders gibt, was den Winter etwas wärmer macht.
Außerdem planen die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Gemeinden Pforzheim und der Rat der Religionen Pforzheim eine Aktion zur Unterstützung der Pforzheimer Tafel im Advent - die Informationen hierzu werden im Lauf der nächsten Woche noch ergänzt.
#wärmewinter in Pforzheim
Nehmen Sie teil an unseren Berichten über die Diakonische Arbeit. Vielleicht schmunzeln Sie beim Lesen, vielleicht rüttelt Sie manches auf. Wir sind gespannt auf Ihre Reaktionen und freuen uns über Rückmeldungen zu unserem neuen Magazin bei der nächsten Begegnung!
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Die Diakonie bietet Hilfe & Beratung für ukrainische Flüchtlinge in Pforzheim
Das Aktionsbündnis von Diakonie Pforzheim, Evangelische Kirche Pforzheim und Forum Asyl Pforzheim hat eine Kontaktstelle für Hilfesuchende/Vermittler für ukrainische Flüchtlinge in Pforzheim ins Leben gerufen. Wenn Sie Hilfe & Beratung benötigen, so wenden Sie sich per E-Mail an ukraine@diakonie-pf.de.
Ukraine - humanitäre Katastrophe verhindern
Der militärische Konflikt in der Ukraine bringt den Menschen großes Leid. Wir sind mit unserer Fürbitte und der Unterstützung unserer kirchlich-diakonischen Partner bei der Bevölkerung. Die Diakonie-Katastrophenhilfe bereitet sich darauf vor, Nahrungsmittel und Trinkwasser zu verteilen und Notunterkünfte für vertriebene Familien zur Verfügung zu stellen. Über die Aktionen Hoffnung für Osteuropa und Brot für die Welt steht die Diakonie kirchlichen und diakonischen Akteuren in Rumänien, der Slowakei, Polen und der Ukraine zur Seite. Eine Soforthilfe von 500.000 Euro und jede zusätzliche Spende sind ein Zeichen der Solidarität mit den von den Kampfhandlungen betroffenen Menschen.
Spenden Sie jetzt über die Evangelische Landeskirche in Baden: www.gutes-spenden.de oder über die Diakonische Katastrophenhilfe: https://www.diakonie-katastrophenhilfe.de/spende/ukraine